Lingen, 29.01.2023
Nachdem am letzten Samstag Atomkraftgegner*innen am Atomkraftwerk Emsland in Lingen protestiert haben, folgt nun die nächste Aktion: Seit heute Morgen um 10 Uhr blockieren rund 30 Menschen das Zufahrtstor des AKW. Die Aktiven der Kampagne „Runterfahren“ möchten damit ein deutliches Zeichen gegen den Weiterbetrieb der deutschen Atomkraftwerke setzen. Zudem kündigen sie weitere Aktionen Zivilen Ungehorsams für den Fall an, dass im Laufe der nächsten Wochen langfristige Laufzeitverlängerungen diskutiert werden sollten. Die gewaltfreie Sitzblockade dauert an, die Polizei ist vor Ort, aber hält sich bisher zurück.
Im November letzten Jahres hatte der Bundestag einen sogenannten „Streckbetrieb“ der verbleibenden drei deutschen Atomkraftwerke beschlossen. Die Aktivist*innen befürchten nun, dass dieser Weiterbetrieb Diskussionen um langfristige Laufzeitverlängerungen befeuert. „Vertreter*innen der CDU und FDP springen schon auf den Zug auf und erträumen sich nun einen Ausstieg aus dem von der Bewegung hart erkämpften Atom-Ausstieg. Aber das werden wir nicht zulassen“, sagt Clara Tempel, Pressesprecherin der Kampagne „Runterfahren“. Bei der Aktion vor dem AKW Emsland handelt es sich um eine Warnblockade. Die Atomkraftgegner*innen kündigen an, dass größere Aktionen Zivilen Ungehorsams folgen werden, wenn die Diskussionen um weitere Laufzeitverlängerungen Fahrt aufnehmen sollten.
Clara Tempel erklärt, dass die Aktionsgruppe sich Lingen als Aktionsort ganz bewusst ausgesucht hätte, weil dort neben dem Atomkraftwerk auch die Brennelementefertigungsanlage betrieben wird: „Wir sind hier genau richtig – denn selbst wenn das AKW hoffentlich wie geplant im April abgeschaltet wird, sollen Atomanlagen wie die Brennelementefabrik in Lingen und die Urananreicherungsanlage in Gronau weiterlaufen. Sie liefern den Treibstoff für Atomkraftwerke in der ganzen Welt und halten so die atomare Maschinerie am Laufen“. Die Atomanlagen sind vom deutschen Atomausstieg ausgenommen. Der Betreiber der Brennelementefabrik in Lingen, Framatome, war zuletzt in die Kritik geraten, weil er Geschäfte mit dem russischen Konzern Rosatom macht, der unmittelbar an den Kriegshandlungen in der Ukraine beteiligt ist. Mit ihrer Aktion wollen die Atomkraftgegner*innen aus ganz Deutschland auch die lokalen Initiativen vor Ort unterstützen.
Das Atomkraftwerk in Lingen wird von RWE betrieben. Das nehmen die Blockierenden zum Anlass, sich mit den Aktivist*innen in Lützerath zu solidarisieren, dem Dorf, das Mitte Januar geräumt wurde, damit RWE den Braunkohletagebau Garzweiler vergrößern kann. „Kohle- und Atomenergie sind zwei Seiten derselben Medaille. Sie symbolisieren eine zukunftsvergessene Energieproduktion und stehen einer gerechten Energiewende im Weg.“, betont Clara Tempel. Die Aktiven von „Runterfahren“ hatten im November letzten Jahres bereits erfolgreich das Atomkraftwerk Neckarwestheim blockiert. Bei der Aktion in Lingen handelt es sich also schon um die zweite Warnblockade.