Damit Atomkraftwerke betrieben werden können, müssen Brennelemente gefertigt werden. Dafür gibt es Brennelementefabriken, die angereichertes Uran (beispielsweise aus der einzigen deutschen Anreicherungsanlage im münsterländischen Gronau) weiterverarbeiten. Die einzige in Deutschland betriebene Brennelementefabrik steht in Lingen und wird betrieben von der Advanced Nuclear Fuels (ANF), die dem französischen Atomkonzern framatom gehört (früher Areva – Artikel zur Umstrukturierung).
Hier wird Brennstoff für verschiedene europäische Atomkraftwerke beispielsweise in Frankreich, Deutschland, Belgien, Schweden und Finnland hergestellt. Im sogenannten Atomausstieg bis 2022 ist die Anlage nicht enthalten, obwohl sie Bestandteil der nuklearen Brennstoffkette ist und eines der größten Drehkreuze für Atomtransporte darstellt: Von hier kommen und gehen wöchentlich LKW-Transporte mit radioaktiver Ladung. Für diese Atomtransporte gibt es keinerlei Schutz oder ausreichende Notfallpläne – gerade Unfälle können mit dem radioaktiven Material jedoch sehr gefährlich werden (mehr Infos zu Atomtransporten von und zur Brennelementefabrik in Lingen).
Proteste und aktuelle Diskussionen um die Anlage
An der Brennelementefabrik war es – im Gegensatz zu den AKW – lange recht ruhig und es gab wenig Proteste. Das änderte sich erst in den letzten Jahren. So gab es 2012, 2013, 2014, 2015 (nochmal 2015) und 2016 Blockaden der Fabrik in Lingen (meist mit Sitzblockaden und Kletteraktionen), eine Aktion nach einer internationalen Urankonferenz und 2016 zwei Demonstrationen, die sich vor allem gegen die Brennelementefabrik richteten.
Nachdem 2017 die Möglichkeiten für einen Export-Stopp von Brennelementen im Zusammenhang mit den Rissen in belgischen Reaktoren öffentlich breit diskutiert wurden, ketteten sich im Frühjahr 2017 Greenpeace-Aktivist*innen vor der Einfahrt an, im Juni wurde die Brennelementefabrik auch auf der Menschenkette gegen die AKW in Tihange thematisiert. Am 9.September 2017 fand erneut eine Demo mit 500 Teilnehmenden in Lingen statt. Im Oktober 2017 kommt heraus, dass aus Lingen nicht nur die belgischen Risse-Reaktoren, sondern auch der EPR-AKW-Neubau im finnischen Olkiluoto mit Brennelementen beliefert wird und damit ein Projekt, bei dem es bereits vor Inbetriebnahme zu zahlreichen Pannen, Kosten- und Zeitexplosionen kommt. Auf diesen „Erstkern“ fürs AKW ist die Firma öffentlich auch noch stolz.
Tatsächlich zeigten die Proteste erste kleinere Wirkungen: Vom Bundesumweltministerium wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches Ende 2017 öffentlich wurde. Nach diesem Gutachten könnte die Brennelementefabrik ohne weiteres stillgelegt werden. Es fehlt allein der politische Wille, was wiederum zeigt, dass wir uns auf die Regierungen nicht verlassen dürfen.
Im Jahr 2018 gab es eine Kampagne von verschiedenen Verbänden zum Brennelemente-Exportstopp für Risiko-Reaktoren, eine Demo im Sommer und im Dezember einen Brand in der Brennelementefabrik. Wie bei Unfällen in Atomanlagen nicht unüblich, kam erst scheibchenweise ans Licht, dass beim Brand doch radioaktive Stoffe gebrannt hatten. Im Anschluss gab es verschiedene Mahnwachen, eine Demonstration sowie eine mehrstündige Blockade der Brennelementefabrik im Januar 2019.