Wegen eines vermeintlichen Sicherheitsnachweises für die belgischen Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 sieht sich das Bundesumweltministerium Kritik aus Wissenschaft und Politik ausgesetzt. Der Leiter der Reaktorsicherheitskommission unterstrich gegenüber dem ARD-Magazin Monitor, dass aus einer Stellungnahme des Gremiums vom Mai 2018 keine Sicherheit der Reaktoren abgeleitet werden könne. Dieser Auffassung pflichtet auch die Landesregierung von Rheinland-Pfalz in einem aktuellen Schreiben bei. Aus Sicht zahlreicher Umweltverbände und Initiativen muss sich die Bundesregierung nun endlich ernsthaft für die Stilllegung der Reaktoren einsetzen.

Die Bundesregierung muss weiterhin auf die Stilllegung der gefährlichen belgischen Reaktoren hinzuwirken. Mit einem Lieferstopp für Kernbrennstoffe und der Stilllegung der deutschen Uranfabriken in Lingen und Gronau gibt es dazu konkrete Möglichkeiten.

Die derzeitige Untätigkeit, gegen den Weiterbetrieb der belgischen Reaktoren anzugehen, rechtfertigt das Bundesumweltministerium (BMU) damit, dass die Sicherheit der sog. „Risse-Reaktoren“ Tihange 2 und Doel 3 derzeit nicht beeinträchtigt sei. Grundlegend für diese Feststellung sei die Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission vom Mai 2018, einem wissenschaftlichen Beratungsgremium des BMU. In der ARD-Sendung Monitor vom 15. November widerspricht nun jedoch der Leiter der Kommission Rudolf Wieland dieser Einschätzung1. Die Kommission habe nur eine technische Bewertung abgegeben, aber daraus keine Sicherheit der Reaktoren abgeleitet. Das werde sie auch nicht tun.

Auch aus Sicht der rheinland-pfälzischen Landesregierung hat die Reaktorsicherheitskommission „in ihrer Stellungnahme weder alle offenen Materialfragen restlos geklärt, noch hat sie eine endgültige Bestätigung der Sicherheit der betroffenen Reaktoren ausgesprochen“. In einem persönlichen Schreiben2 an ein Bündnis aus Umweltverbänden und -Initiativen betont Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), dass an der Sicherheit der Reaktoren „weiterhin begründete Zweifel“ bestünden. Rheinland-Pfalz setze sich weiterhin für eine „baldmögliche und endgültige Abschaltung“ ein.

Die Verbände und Initiativen hatten sich zuvor mit einem offenen Brief3 an die Ministerpräsidentin gewandt, in dem sie ein ernsthaftes Engagement für die sofortige Stilllegung gefährlicher grenznaher AKW forderten. Von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) liegt immer noch keine Reaktion vor. Stattdessen blockierte NRW im Bundesrat einen Antrag aus Baden-Württemberg für ein Exportverbot von Brennelementen an grenznahe AKW, die die Bevölkerung in Deutschland gefährden.

  1. Bericht bei Monitor (15. November 2018): Belgische Risiko-Reaktoren: Die erstaunliche Kehrtwende der Bundesregierung.
  2. Antwortschreiben der Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz vom 7. November 2018.
  3. Offener Brief von Umweltverbänden und Initiativen (August 2018): „Belgische Rissreaktoren bleiben brandgefährlich“.