Montagmorgen ab 6 Uhr Protest vor Brennelementefabrik Lingen

Das russische Atomschiff „Mikhail Dudin“ läuft laut der Marine-Website Vesselfinder am Sonntagabend um 20 Uhr in den Hafen von Rotterdam ein. Umweltorganisationen aus den Niederlanden, Deutschland und Russland befürchten, dass sich an Bord angereichertes Uran für die Brennelementefabrik Lingen im Emsland befindet, das dann am morgigen Montag per LKW nach Lingen transportiert werden soll. Sowohl das Bundesumweltministerium wie auch das für Atomtransporte zuständige Bundesamt BASE haben trotz des russischen Angriffskriegs in der Ukraine neue Urantransporte aus Russland bestätigt. Eine aktuelle niederländische Transitgenehmigung sowie eine deutsche Transportgenehmigung liegen vor. Auch der Geschäftsführer der Lingener Brennelementefabrik, Peter Reimann, erklärte inzwischen gegenüber der Presse:

„Wir werden solches Material aus Russland in Zukunft bekommen.“

Aus diesem Grund protestieren am morgigen Montag ab 6 Uhr Atomkraftgegner_innen mit einer Dauermahnwache vor der Brennelementefabrik Lingen (Am Seitenkanal 1). Anwesend wird dabei auch der Träger des Alternativen Nobelpreises, Vladimir Slivyak, sein. Er arbeitet für die in Russland verfolgte Umweltorganisation Ecodefense.

Gemeinsam mit Ecodefense Russland und Laka Amsterdam fordern das Bündnis Atomkraftgegner_innen im Emsland (AgiEL) sowie das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen den sofortigen Stopp der Urangeschäfte mit Russland. Von der niederländischen und deutschen Regierung fordern sie konkret, dass das russische Atomschiff Mikhail Dudin umgehend wieder zurück nach St. Petersburg geschickt wird. Dass dies auch sehr kurzfristig möglich ist, zeigt das Beispiel der britischen Regierung, welche Anfang März in letzter Minute die Verladung von Uranmüll des Urananreicherers Urenco bei Liverpool untersagte, obwohl die Mikhail Dudin schon ladebereit im Hafen von Ellesmere lag. Zuletzt hatte die Mikhail Dudin Ende August angereichertes Uran aus Russland zur Brennelementefertigung nach Frankreich gebracht.

„Wir fordern von der niederländischen Regierung, dass sie die Nutzung der niederländischen Häfen für russische Atomschiffe ab sofort untersagt. Urangeschäfte mit Russland sind aktive Hilfe für Putins Kriegskasse. Atomenergie bringt keine Energieunabhängigkeit,“

so Dirk Bannink von der Laka in Amsterdam. Die Laka hatte die niederländische Uran-Transitgenehmigung für Rosatom und Framatome öffentlich gemacht.

„Fehlende EU-Sanktionen dürfen keine Entschuldigung dafür sein, dass die Niederlande, Deutschland und der französische Staatskonzern Framatome wieder aktiv in Urangeschäfte mit dem russischen Staat einsteigen. Der russische Atomkonzern Rosatom ist im Auftrag des Kreml unter anderem aktiv an der Besatzung des umkämpften ukrainischen AKW Saporischschja beteiligt – es wäre ein echter Tabubruch mit so einem Unternehmen nunmehr wieder „normale“ Urangeschäfte durchzuführen,“ erklärte Alexander Vent vom Bündnis AgiEL.

Betreiberin der Lingener Brennelementefabrik ist der französische Atomkonzern Framatome, eine Tochter des staatlichen Energiekonzerns EdF. „Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung sich nicht klar gegen die französisch-russische Atompartnerschaft in Lingen stellt. Noch Anfang des Jahres hatten 126 Organisationen aus neun Ländern in einer Resolution gegen ein damals geplantes Joint Venture zwischen Rosatom und Framatome in Lingen protestiert und der Deal war geplatzt – nun machen Rosatom und Framatome einfach weiter, als sei nichts geschehen. Das darf nicht sein,“ ergänzte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

Vladimir Slivyak von der russischen Umweltorganisation Ecodefense und Träger des Alternativen Nobelpreises erklärt: „Rosatom betreibt weltweit Uranminen, unter anderem auch in Kanada und Namibia. Rosatom ist bei allen Verarbeitungsschritten wie Konversion oder Urananreicherung bei ca. 25% des EU-Bedarfes eingebunden. Rosatom hat eine aktive Aufgabe im Ukraine-Krieg: die Koordination der russischen Truppen bei der Besetzung von Atomkraftwerken – ganz konkret in Saporischschja. Rosatom muss deshalb sanktioniert werden als fossiler und militärischer russischer Atomkonzern.“

Mit der morgigen Protestmahnwache vor der Brennelementefabrik Lingen sowie einer überregionalen Anti-Atom-Demo in Lingen am 1. Oktober setzen die deutschen, niederländischen und russischen Umweltorganisationen grenzüberschreitend ihre Proteste gegen die neuen Atomgeschäfte mit Russland fort. Ziel bleibt ein vollständiger Atomausstieg, inkl. Stilllegung der Brennelementefertigung in Lingen sowie der Urananreicherung im westfälischen Gronau und im niederländischen Almelo.