Vom 6.5. bis 23.5.2022 findet planmäßig die letzte Revision in der Geschichte des AKW Lingen II statt. Nach dieser Sicherheitsüberprüfung wird das AKW noch rund 6 Monate ins Stromnetz einspeisen, dann erlischt die Betriebsgenehmigung für immer.

Zwar ist so ein Atomkraftwerk in seinem letzten Betriebsjahr nicht weniger anfällig für gefährliche Störungen als in den Jahren zuvor – ganz im Gegenteil, die Anlage, ihre Bauteile und Werkstoffe altern ja unter den ständigen Beschuss mit Radioaktivität enorm – dennoch verzichtet die Betreiberin RWE bei der diesjährigen Revision auf eine ausgedehnte technische Überprüfung.

Bei der anstehenden Revision in Lingen werden wir nicht erfahren, wie sich Rostfraß und Risse in den Dampferzeugerheizrohren seit der erstmaligen Feststellung 2019 weiter vermehrt und ausgedehnt haben. Ein Fortschreiten analog zu der hochbrisanten Entwicklung im  baugleichen AKW Neckarwestheim II ist naheliegend. Auf eine Überprüfung in Lingen verzichtet die Betreiberin RWE bei der letzten Revision allerdings, und hofft wohl ganz einfach, dass bis zum Jahresende nichts schief geht.

Diese gravierende Lücke in der technischen Überprüfung widerspricht der stets wiederholten Aussage: „Sicherheit hat bei uns höchste Priorität“,  der Betriebszentrale des AKWs. Umweltorganisationen und Politik haben schon mehrfach auf die sicherheitstechnische Bedeutung und die Risiken defekter Dampferzeugerheizrohre, die im schlimmsten Fall bis zur gefürchteten Kernschmelze führen können, hingewiesen.

Von größtmöglicher Sicherheit beim Betrieb des AKW Lingen II kann ohne eine umfassende Überprüfung der Dampferzeugerheizrohre im Herzen des Sicherheitssystems nicht die Rede sein, sind sich Umweltorganisationen und Stimmen in der Politik einig.

Diese ist aber diesjährig nicht vorgesehen. Warum nicht? „Wer nicht in die dunklen Ecken guckt, will die Probleme nicht sehen“, so eine naheliegende Erklärung. Eine konsequente Einhaltung höchster Sicherheitsstandards auch im letzten Betriebsjahr des Atomkraftwerks in Lingen könnte nämlich bedeuten, dass das AKW nach der Revision gar nicht mehr ans Netz ginge. Dies wäre zwar schlecht für das Geschäft der RWE, aber besser für unsere Sicherheit.“

Und: So könnten wir bis zum Jahresende sogar noch eine Menge Atommüll vermeiden. Dessen dauerhafter Verbleib ist bislang völlig ungeklärt. Klar ist nur: der hochgiftige und extrem gefährliche Atommüll bleibt noch lange Jahrzehnte hier in Lingen-Darme liegen.