„Bündnis AgiEL“ und „Elternverein Restrisiko Emsland“ widersprechen RWE: „Strom aus Atomkraft ist nicht CO2-frei“ – Brennelementwechsel gefährlicher als bisher angenommen. „RWE soll Messwerte veröffentlichen!“
Anlässlich des erneuten Brennelementwechsels im Atomkraftwerk Emsland behauptet die RWE in einem Artikel der Lingener Tagespost, Strom aus Atomkraft sei CO2-frei.
Die RWE sollte es besser wissen. Unter Fachleuten ist schon lange klar, dass für eine präzise
Betrachtung der CO2-Produktion durch Atomkraft nicht allein die (geringen) CO2-Emissionen während der Stromproduktion im AKW in die Bilanz einfließen, sondern auch diejenigen CO2-Emissionen berücksichtigt werden müssen, die in den vor- und nachgelagerten Prozessen, wie dem Uranabbau, der Aufbereitung zu Brennelementen, dem Bau und Rückbau von Atomkraftwerken und der Lagerung von Atommüll entstehen.
31 – 140g CO2 pro erzeugter Kilowattstunde Strom
Während eine vom Umweltbundesamt empfohlene Studie des Öko-Instituts eine CO2-Produktion von 31–61g pro Kilowattstunde nennt (Quelle: Uwe R. Fritsche, u.a.: «Treibhausgasemissionen und Vermeidungskosten der nuklearen, fossilen und erneuerbaren Strombereitstellung»; März 2007), wurden in einer kritischeren Studie sogar CO2-Emissionen von 90-140g pro im AKW erzeugter Kilowattstunde Strom nachgewiesen (Quelle: Jan Willem Storm van Leeuwen&Philip Smith: «Nuclear Power – the Energy Balance»; August 2005).
Somit hat man im AKW Emsland bislang nicht nur 350Mrd. Kilowattstunden Strom produziert, sondern mit der Freisetzung von 10 Millionen bis 49 Millionen Tonnen Kohlendioxid auch zum Fortschreiten des Klimawandels beigetragen. Gleichzeitig wird durch
die nahezu dauerhafte Maximalproduktion des KKE das Stromnetz verstopft und die Einspeisung von Strom aus regenerativen Energiequellen blockiert.
Die Tatsache, dass die RWE wider besseren Wissens weiterhin an der so wohlklingenden
Behauptung festhält, Atomkraft sei CO2-neutral und damit ein unverzichtbarer Energieträger zur Vermeidung der Klimakatastrophe, macht einmal mehr die inzwischen Jahrzehnte alte Strategie des Konzerns deutlich: man beschönigt, beschwichtigt und versucht immerzu, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen. Mit dem einzigen Ziel: Maximalen Profit zu erzeugen.
Radioaktive Strahlung: Hohe Tagesspitzenwerte beim AKW-Brennelementwechsel
Schon bei einem einzigen Brennelementwechsel wird bis zu einem Drittel der jährlich abgegebenen Menge an radioaktiven Edelgasen und bis zu 50% der Jahresabgabe an radioaktivem Jod innerhalb weniger Tage über den AKW-Kamin abgelassen und in die Umgebung verteilt. Das belegte die ARD-Sendung Plusminus bereits am 21.06.2011. Die ARD-Recherchen bauen auf Nachforschungen der Ärztevereinigung IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkriegs und in sozialer Verantwortung) auf und bestätigen die These, dass die Brennelementwechsel gefährlicher sind als bisher angenommen. Die Tagesspitzenwerte der radioaktiven Strahlung in der Abluft sind in Zeiten der Revisionen bis zu 160 mal höher als an „normalen“ Betriebstagen. Der emsländische Umweltmediziner Bretschneider, Mitglied des Arbeitskreises Atomenergie der IPPNW, empfiehlt deshalb, dass Schwangere und Kleinkinder sich insbesondere zu Beginn der Revision nicht in der Nähe von Atomkraftwerken aufhalten sollten, da Ungeborene und Kleinkinder besonders empfindlich auf die Strahlung reagieren. Eine erhöhte Rate an Kinderkrebs- und Leukämieerkrankungen im Nahbereich von Atomkraftwerken ist inzwischen wissenschaftlich belegt (Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz, BfS). Die tatsächlichen Emissions-Spitzenwerte werden vom Betreiber allerdings geheim gehalten. Veröffentlicht werden lediglich über einen längeren Zeitraum gerechnete Mittelwerte, die naturgemäß immer niedriger ausfallen als die realen Maximalwerte. Auch dies entspricht voll und ganz der hinlänglich bekannten Vertuschungs- und Verschleierungstaktik der Atomindustrie.
Das „Bündnis AgiEL – AtomkraftgegnerInnen im Emsland“ fordert die RWE als Betreiberin
des AKW Emsland zur Veröffentlichung der tatsächlichen Strahlungsspitzenwerte auf, die
während der Brennelementwechsel in der Abluft gemessen wurden. Weiterhin fordert es den
Betreiber auf, den geplanten Brennelementwechsel zu unterlassen und das AKW sofort
stillzulegen! Das „Bündnis AgiEL“ fordert die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen und
setzt sich für eine zukunfts-, umwelt- und sozialverträgliche Neuausrichtung der Stadt Lingen
ein.
Es unterstützt die „Lingen Resolution“ mit ihrem Zusatz zur Erhaltung der Arbeitsplätze und erwartet von der Stadtverwaltung eine klare Positionierung gegen die Atomindustrie und für den Schutz der Bevölkerung